Katholiken
in Wallstein
Anlässlich der Volkszählung vom
17.5.1939 wurde im Kreis Jägerndorf u.a. auch die Religionszugehörigkeit
erfasst. Dabei zeigte sich für den Gerichtsbezirk (GB) Olbersdorf eine
interessante Verteilung, die in den anderen GB sich so nicht darstellte.
Von 10.056 Gläubigen entfielen auf protestantische Mitbürger 33,9%
(3.407). Im GB Jägerndorf waren von 34.447 Gläubigen 8,6% ev., im GB
Hennersdorf von 7.330 2,0% ev. und im GB Hotzenplotz von 9.369 0,8% ev.
Dabei
war im GB Olbersdorf ein besonders hoher Anteil an Protestanten (P.) in
Hirschberg (84,7% = 299 P.), Kreuzberg (75,8% = 147), Kuttelberg (71,4% =
700), Langendorf (69,8% = 263), Klein-Bressel (65,8% = 323), Hillersdorf
(60,9% = 712) und Neudörfel (60,8% = 184). In verschiedenen anderen
Gemeinden betrug der Anteil evangelischer Gläubiger zwischen 4 und 30%.
In Wallstein (98.6% = 487 Kath.) und Peischdorf (99,1% = 105 Kath.) waren
fast ausschließlich Katholiken vertreten.
Im
Kreis Jägerndorf gab es vor der Vertreibung der Deutschen 14 katholische
und 4 evangelische Pfarreien (Jägerndorf, Klein-Bressel, Kuttelberg und
Nieder-Hillersdorf).
Die
Christianisierung der Sudetenländer wurde von Germanien her von
Bonifazius (722 zum Bischof geweiht), dem Apostel der Deutschen,
eingeleitet. Das 739 gegründete Bistum Regensburg erhielt die Mission für
Böhmen übertragen. 845 wurden viele böhmische Adlige in Regensburg
getauft. 973 entstand das Bistum Prag. Mit dem Anwerben deutscher Siedler
und Handwerker durch den böhmischen Adel und der Errichtung deutscher Städte
in Böhmen und Mähren zu Beginn des 13. Jahrhunderts (die erste war
Freudenthal 1215, danach folgten Prag, Jägerndorf, Troppau usw.)
verbreitete sich auch dort das Christentum.
Um
1400 stellte Jan Hus die Macht der päpstlichen Kirche in Frage.
Gleichzeitig verband er soziale Fragen mit nationalen Tönen gegen die in
Böhmen und Mähren lebenden Deutschen. Mit dem Tod von Hus 1415 auf dem
Scheiterhaufen nach der Verurteilung anlässlich des Konstanzer Konzils
entlud sich die Stimmung in Fanatismus. Es brachen die Hussitenkriege aus.
Brennend, sengend und mordend zogen die Heere durchs Land. Hunderte
deutscher Dörfer und Städte sanken in Schutt und Asche. Auch im
Altvaterland hinterließen die Hussiten ihre Schrecken. Viele Orte wurden
zerstört und entvölkert. 1434 konnten kaiserliche Heere den Wirren ein
Ende bereiten. Im Landesinneren waren jetzt viele Städte tschechisch
geworden.
1524
kaufte Markgraf Georg von Ansbach-Brandenburg (ein fränkischer
Hohenzoller) und großer Verehrer und Anhänger Luthers, das Fürstentum Jägerndorf
(entstanden 1377) und begann sofort mit den reformatorischen Veränderungen.
Der protestantische Glaube wurde von Jägerndorf ins Land hinausgetragen.
Im Zuge dieser Entwicklung wurden u.a. eine Reihe von Orten die durch die
Hussitenkriege zerstört oder aufgrund anderer Ereignisse (z.B. Einfall
des ungarischen Königs Matthias Corvinus 1474) verlassen waren wieder neu
besiedelt oder gänzlich neu gegründet. Dazu zählte auch das Goldoppatal
und Kohlbachtal. Aufgrund der evangelischen Herrschaft waren auch die
Untertanen und Neubürger Protestanten. Nachdem die Herren von Waldstein,
von denen sich der Name für die Gemeinde Wallstein (gegründet im zweiten
Jahrzehnt des 17. Jh.) ableitete, die Herrschaft über Olbersdorf und
Heinzendorf in der 2. Hälfte des 16. Jh. erlangt hatten, wurde, wenn
nicht schon früher, der Gottesdienst nach evangelischem Ritus geführt
und die Pfarrstelle mit evangelischen Geistlichen besetzt. Ein Anhänger
des Protestantismus war Hans Christoph von Waldstein und eifriger Unterstützer
des sogenannten Winterkönigs von Böhmen Friedrich von der Pfalz und
somit ein Gegner des Kaisers. In der geschichtsträchtigen Schlacht 1920
am Weißen Berg (Prag) wurde König Friedrich vom kaiserlichen Herr
(Kaiser Ferdinand II) unter Leitung von Graf Tilly und Kurfürst Max von
Bayern geschlagen. Damit trat in Böhmen wieder die Gegenreformation.
Noch
im Jahre 1620 wurden die Anhänger von Friedrich geächtet. Dieses
Schicksal erlitt auch Johann Christoph von Waldstein und verlor seine
Herrschaft Olbersdorf. Kaiser Ferdinand II. übergab sie an den Bischof
von Breslau und dieser trat diese wiederum an die Jesuiten ab, um den
katholischen Glauben in und um Olbersdorf wieder durchzusetzen. 1622
entzog Kaiser Ferdinand II. (er war ein gestandener Katholik und nutzte
die Gelegenheit dem Protestantismus in Oberschlesien ein Ende zu machen)
dem Marktgraf von Ansbach-Brandenburg das Fürstentum Jägerndorf und übergab
es Karl von Liechtenstein für treue Dienste.
Auch
wenn sich dies alles noch bis zum Ende des 30jährigen Krieges 1648
hinzog, bis auch die Schweden vertrieben waren, wurde die Gegenreformation
mit großem Nachdruck durchgeführt.
Warum
in Wallstein kaum evangelische Bürger wohnten lag wohl daran, dass es
einerseits im Goldoppatal mit die jüngste Gründung war (zweites
Jahrzehnt im 17. Jh.) und damit zu dieser Zeit wenige Menschen mit ev.
Konfession dort lebten und andererseits nach 1620 durch die Jesuiten in
Olbersdorf und Heinzendorf der katholische Glauben wieder massiv gelehrt
wurde.
Wallstein
gehörte bis 1893 zur kath. Kirche nach Heinzdorf, obwohl bereits 1750 ein
steinerne Kapelle erbaut war und 1795 eine Steinkirche fertiggestellt
wurde, die bis in die 80 Jahre des vorigen Jahrhunderts sich dem Verfall
nicht mehr erwehren konnten – die Wallsteiner waren ja 1946 vertrieben
worden – und zusammen mit dem Friedhof dem Erdbogen gleich gemacht
wurde. Heute bedecken die Trümmer die Gräber unserer Vorfahren.
Die
anderen Gemeinden in und um das Goldoppatal wurden u.a. von ihrem
protestantischen Grundherrn derer von Strbensky vor der Gegenreformation
geschützt. Erst als 1670 das Haus Liechtenstein die Kirchen in
Gotschdorf, Hillersdorf und Neudörfel für den kath. Ritus
beschlagnahmten war der Widerstand gebrochen und für die standfesten
Protestant brach eine schwere Zeit heran. Sie mussten im Verborgenen die
Bibel und ihre Predigtbücher (Postillen) lesen und in den abgelegenen Wäldern
evangelische Gottesdienste abhalten. Aus jener Zeit führten mehrere Höhen
der Hermannstädter Grenze zur Gemeinde Kuttelberg den Namen Kirch-Pux.
Erst
nach ca. 100 Jahren wurde mit Kaiser Joseph II. die Lage für die
Evangelischen besser. Er genehmigte 1781 in Hillersdorf den Bau eines
evangelischen Bethauses und die Anstellung eines evangelischen Predigers
und Schulleiters. Mit der Gründung
der evangelischen Kirchengemeinde 1782 war Hillersdorf ein konfessionell
gemischter Ort entstanden. In Kuttelberg erfolgte 1884 die Gründung einer
ev. Kirchengemeinde, 1885 die Errichtung eines Betsaals und 1888 die ev.
Pfarrselbständigkeit. 1897 erstand ein ev. Kirchengebäude.
Klein-Bressel
weihte 1831 ein ev. Bethaus ein. Eine selbständige ev. Kirchengemeinde
folgte 1867. In Jägerndorf wurde 1903 eine ev. Kirche errichtet und 1909
folgte die selbständige ev. Kirchengemeinde.
Auch
in den GB Hotzenplotz und Hennersdorf hatte Mitte des 16. Jh. der
Protestantismus Einzug gehalten. Doch im Zuge der Gegenreformation nach
1620 wurden unter Kardinal Dietrichstein und anderen
„Bekehrungskommissionen“ eingesetzt, die viele Protestanten bis 1629
zum kath. Glauben zurückführten. Viele Protestanten verließen auch ihre
Heimat und suchten einen neuen Ort, um ihren Glauben zu leben. Es bildeten
sich keine selbständigen ev. Kirchengemeinden. Daher lebten sehr wenige
Protestanten in den beiden Gerichtsbezirken.
Obwohl in Hotzenplotz 1808 eine Synagoge mit einem
Fassungsvermögen von 2000 Personen errichtet wurde, waren bei der Volkszählung
1939 keine Mitbürger jüdischen Glaubens aufgeführt. Im ganzen GB
Hotzenplotz waren 7 „Gutgläubige“ vermerkt woraus nicht zu ersehen
ist, welcher Religionsgemeinschaft sie angehörten.
PAF