Dialekt
und Hochsprache ein
Quell für Missverständnisse
Die
Gemeinde Wallstein,
idyllisch, fast von der
Außenwelt
abgeschlossen, lag
zwischen dem
Goldoppatal, Ossatal,
dem Höhenrücken zu
Hermannstadt und den
Bergen zu Röwersdorf.
Es führten keine
Durchgangsstraßen durch
den Ort. Ruhe pur.
Die
Gemeinde Wallstein und
besonders das im Teilort
Verlorenwasser gelegene
Ausflugslokal
„Heinrichshöhe“ auf
793 m war im Kreis Jägerndorf
und darüber hinaus sehr
bekannt und lockte an
schönen Tagen,
insbesondere an
Wochenenden, Wanderer
und Naturfreunde aus Nah
und Fern an.
Von
der Heinrichshöhe bot
sich ein herrlicher
Blick auf den Altvater
und seine Nachbargipfel
und die Einkehr
offerierte gute
Hausmannskost. Eine
besondere Spezialität
waren gebratene Hähnchen
ohne jegliche
Hormonbeigaben. In
Wallstein wurden daher
die Gäste der
Heinrichshöhe vielfach
auch als „Hienlafrasser“
(Hähnchenesser)
bezeichnet.
An
einem schönen Sommertag
führte es einen
Wanderer zur Heinrichshöhe.
Dabei kam er bei einem
Bauern in Vorlorenwasser
vorbei der für die Zeit
seiner Einkehr ein neues
stilles Örtchen baute,
da das alte nicht mehr
seinen Ansprüchen genügte.
Dies
war zu diesen Zeiten
keine komfortable
Behausung. Es gab keine
Toilette im Haus, von
Wasserspülung ganz zu
schweigen. Im Freien
wurde diese
Entsorgungsanstalt
errichtet. Im Winter
kalt und zugig, im
Sommer heiß und streng
riechend. Es musste
schnell gehen und da die
Menschen i.d.R. eine
ballastreiche Kosten zu
sich nahmen, war das
„Geschäft“ meistens
auch umgehend
verrichtet.
Watteweiches
Toilettenpapier war
unbekannt. Altes
Zeitungspapier, sofern
man sich eine Zeitung
leistete, fand eine
letzte, sinnvolle
Verwendung.
Der
Naturfreund wollte sich
nochmals vergewissern,
ob er auf dem richtigen
Weg sei und bat den
Bauern um Auskunft.
Der
Bauer: „Ja, ja sie
sein schoand ofm
rechtign Wag. Giean se
och dos Dorf nuff bis
zur Heinisch-Scheier,
dann lenks bis zur
Hegerei und eim Walde
nuff und dann sahn se
schoand de Heinrichshehe.“
Der
Naturgenießer bedankte
sich für diese
freundliche Auskunft und
fragte ihn noch, was er
dann da mache.
Unser
liebenswerter Bürger
aus Verlorenwasser mit
seiner geraden,
unverstellten Art erläuterte
bereitwillig seine
Arbeit:“ Dos koann ich
eich schoand sähn, ich
tu a Scheißbradla sagn“.
Der Herr merkte auf und
fragte nochmals nach, da
er meinte, er hätte die
Antwort missverstanden:
„Bitte, was machen
Sie?”
Die
Stimme nun etwas lauter
und in der Aussprache
deutlich verzögert
wiederholte er sein Tun
ohne einen vollständigen
Satz zu bilden: „S c h
e i ß b r a d l a
s a g n!“
Der
vornehme, gebildete
Wanderer aus der Stadt
war ob dieser
Ausdruckweise etwas
konsterniert und führte
höflichst an: „ Können
Sie dies nicht etwas
feiner sagen?“.
Einer
schnellen Antwort nicht
verlegen begründete der
Haus-Handwerker aus dem
beschaulichen Gebirgsort
seine Aussage mit einer
nüchternen
Feststellung: „N ä ä
ä, gudr
Moan, doas giead niiie!
Wenn ich dos feiner sag
(säge), dann brech bir
durch!“
Ob
und wie sich das
Missverständnis aus der
Welt schaffen ließ ist
nicht überliefert.
Ach
ist unser Dialekt so
herrlich. Leider stirbt
auch dieser in den nächsten
Jahren aus. Es fand
nicht nur eine
Vertreibung aus unserem
angestammten Lebensraum
statt,
es wurde auch
unsere Kultur und damit
die Basis für den
Fortbestand unseres
Dialektes zerstört.
PAF